Sonntag, 21. August 2011

INTERMITTENT CLAUDICATION

In den nun folgenden Tagen lasse ich die Dinge betont ruhig angehen, nicht zuletzt um meinen wehen Fuß ein wenig zu schonen. Der Grad der Fußerkrankung ist zwar nicht besorgniserregend, aber zeitweise beim Auftreten recht unangenehm. Nachdem ich die Blasen aufgestochen hatte, scheint eine davon mit irgendeiner Verunreinigung in Kontakt gekommen zu sein und hat sich, wie an anderer Stelle bereits erwähnt, prompt entzündet. Merke: niemals ohne Jodtinktur reisen. Es fühlt sich ein bisschen an wie eine Reißzwecke in der Ferse, an die man sich gewöhnt hat, weil sie schon seit geraumer Zeit da drin steckt, die sich aber, sobald man etwas unglücklich auftritt, noch tiefer ins Fleisch bohrt. Dieser sporadisch auftretende Reißzwecken-Effekt verleiht meinem Gang und der einhergehenden Mimik ab und an eine gewisse Slapstickqualität: Schritt, Schritt, falscher Schritt - Hoppser & Zitronengesicht.


Dementsprechend hat sich der Radius meiner Spaziergänge drastisch verkürzt, bislang jedoch habe ich noch keinen kompletten Tag im Hotelzimmer verbracht. Hauptsächlich habe ich mich in Chinatown herumgetrieben, ein paar Kunstgalerien besucht (von denen es nicht nur in Chinatown eine ganze Menge gibt), in ein paar Souvenirläden nach lustigen Scheußlichkeiten Ausschau gehalten (erfolglos; scheußlich ja - lustig nein) und natürlich bin ich auch im chinesischen Garten gewesen, durch dessen  bullaugenförmigen Eingang ihr ja schon spinxen konntet. 
Wäre er nicht so wunderschön und beschaulich wie er ist - mit seinem Seerosenteich, den kleinen Zickzackbrückchen, den die Wege überschattenden Trauerweiden, den Ziermäuerchen und den kleinen Pinien - könnte der Garten zu meinem vancouverschen Lieblingsplatz werden. Weil er aber so wunderschön und beschaulich ist, ist er auch immerzu von Menschen überlaufen, was zwar nicht seiner Schönheit, jedoch seiner Beschaulichkeit gehörigen Schaden zufügt. 
Auch ein Kino gibt es in Chinatown, plaziert im obersten Stockwerk einer Mall, die an das sog. 'International Village' angrenzt, was nach meinem (nicht verifizierten) Dafürhalten nichts weiter als ein werbetauglicher Name für die Gegend ist, erfunden von einer Immobiliengesellschaft, die dort Besitztümer feil hält. Warum auch nicht? Es klingt doch auf jeden Fall netter als z.B. Neubrück, oder etwa nicht?
Neben den in solchen Malls üblichen Geschäften finde ich hier auch die nicht zu protzige Ausstellungsfläche eines bekannten europäischen Autoherstellers, der dieses internationale Parkett dazu nutzt, eine seiner zukunftsweisenden Konzeptstudien zu präsentieren. Es ist derselben deutlich anzusehen, dass auch der "Créateur d'Automobile" nicht umhin kann, den Folgen der weltweiten Finanzkrise Rechnung zu tragen. Et alors? Tres petit mais tres tres chic!
Außerdem lerne ich Omar in dieser Mall kennen. Omar ist senegalesischer Abstammung und lebt seit etwas mehr als zwanzig Jahren in Vancouver, was seinem senegalesischen (nennen wir es einmal neutral) Akzent jedoch keinen Abbruch tut. Er führt im Erdgeschoss der Mall einen kleinen Afrikaladen mit jeder nur erdenklichen Sorte von...handwerklichen Kleinerzeugnissen, hauptsächlich zu Dekorationszwecken (kapiert? nicht? Dann klick mal auf den türkisen OMAR)(hihihi). Weil ich nun schon einmal in Kanada bin - und weiß der Deibel, ob ich jemals wieder hierher kommen werde - kaufe ich selbstverständlich eine Kleinigkeit in Omars Afrikaladen. Das erscheint Dir nicht recht stimmig? Dann kennst Du mich offenbar noch nicht - willkommen zu meinem Blog! Für mich ist das eine absolut schlüssige, reine Vernunftentscheidung. 
Mit einigem Stolz kann ich auch berichten, dass nicht nur Omar, sondern auch alle anderen Menschen mit denen ich mich im Hotel, in Geschäften oder sonstwo unterhalten habe, meinen sprachlichen Akzent noch nicht nach Deutschland sortieren konnten. Ich mache also gewisse Fortschritte, gemessen an den Erfahrungen im letztem Jahr.
Ihr seht, selbst wenn ich ein wenig eingeschränkt operiere, langweile ich mich nicht und hadere auch nicht mit dem die Ferse mutierenden Schicksal, sondern habe immer noch tonnenweise Spaß. Wehwehchen hin, Zipperlein her - ich habe mir heute eine Unternehmung rausgepickt (und mich darüber auch schon ein bisschen schlau gemacht) die mich trockenen und quasi bewegungslosen Fußes etwas Neues und anderes sehen lassen soll. Wenn alles klappt, wirds am Dienstag losgehen und vielleicht erstatte ich dann schon am Mittwoch Bericht. 

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