Mittwoch, 31. August 2011

A NIECE'S WISH

Mir ist durch einen Informanten (dessen Identität ich nicht preisgebe) zu Ohren gekommen, dass eine meiner beiden Lieblingsnichten es für eine mittelschwere Eselei hält, dass ich leichtfertig auf einen Besuch des vancouverschen Aquariums verzichtet habe. Nun, einerseits denke ich zwar, dass Aquarien außer Fischen (die ich schon in anderen Aquarien gesehen habe) in Wasserbehältern (auch schon mal gesehen) nicht allzu viel an spannungsgeladenen Attraktionen bereithalten, andererseits bilde ich mir aber auch nicht ein, der Weisheit meiner (gar nicht mehr sooo) kleinen Nichte irgendetwas stichhaltiges entgegensetzen zu können und mache mich deshalb heute doch noch einmal auf in Richtung Stanley Park und zum Wasserzoo.

Ähnlich wie im Kölner Aquarium, gibt es auch in Vancouver, neben den diversen Bassins, ein kleines Insektarium - in diesem Fall bestehend aus einer einzigen begehbaren Voliere für Schmetterlinge, in der sich aber auch einige wenige Vögel befinden, die ein bisschen aussehen wie zu heiß gewaschene Flamingos. Zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass ich keine Ahnung habe, wie die Art heißt. Außerdem gibt es hier irgendwo auch ein Exemplar einer völlig anderen Tierart, die man zu recht für eine evolutionäre Vorstufe meiner Wenigkeit halten könnte: das Faultier. 
Das Faultier ist allerdings zu viel faul sich fotografieren zu lassen und wer könnte wohl mehr Verständnis dafür aufbringen als ich. Ein wenig zu hart finde ich jedoch die englische Bezeichnung "Sloth" (Trägheit) für dieses Tier, unter der in der englischen Version des katholischen Katechismus die nämliche Todsünde aufgeführt ist. Ich muss mich wohl mit dem Gedanken trösten, dass sich das so bezeichnete Faultier sicherlich ebenso wenig um den Katechismus schert wie ich selbst. Wie dem auch sei, noch sind wir ja gar nicht beim Aquarium angekommen. 

So versiert/ verdammt gewieft/ unglaublich gerissen wie ich mittlerweile in Sachen Fuß- und sogar Schleichwegen bin, nehme ich natürlich den Bus. Spaziergänge hin, Fitness her, heute Morgen habe ich einfach noch keine Lust auf diese Art von Betätigung, nehme also den Bus von der East Pender Street nach Stanley Park, laufe die letzten paar Meter zu Fuß... und bin da - Punkt. Ich denke, nach all den vielen vorangegangenen, schier endlos langen und bestimmt nicht immer interessanten Wegbeschreibungen durch die Stadt ist das doch mal eine ganz nette Abwechslung.
Da bin ich also nun beim Aquarium und wahrhaftig gibt es hier:
a.) massenhaft Wasser und

b.) massenweise Fische
Schön dass es immer noch Konstanten im Leben gibt und das Wort Aquarium nicht mittlerweile z.B. "Haferflocken mit Zündkerzen" oder ähnliches bedeutet. 

Selbst wenn an mir ein schenialer Wissenschaftler verloren gegangen sein sollte (pfff, Unsinn!), so wäre dies gewiss kein Ichtyologe. Ich finde Fische einfach nicht so rasend aufregend - womit ich einmal mehr meine schreckliche Ignoranz offenbare - und Fische machen eben Aquarien aus. Quastenflosser, Architeuthis, Black-Smoker-Symbionten u.s.w. sind alle wirklich sehr spannende Themen, denen man sich in Aquarien aus rein technischen Gründen allerdings so gut wie gar nicht annähern kann und eigentlich ist das auch ganz in Ordnung so. Lebewesen zu Ausstellungsstücken zu machen betrachte ich mit gemischten Gefühlen. 
Wir alle kennen die Pro-Argumente: "Die Aufzucht bedrohter Tierarten in Gefangenschaft kann zu deren Arterhaltung beitragen. Sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen hilft dabei, Menschen für bedrohte Arten zu sensibilisieren."
Und natürlich kennen wir auch alle die Kontra-Argumente: "Gefangenschaft bedeutet, egal unter welchem vordergründigen Etikett man sie führt, immer nur Gefangenschaft. Häufig begnügt man sich auch nicht mit lebenslanger Haft zur Publikumsbelustigung, sondern lässt während dieser Haft auch noch Bedingungen zu, für die es keine andere Beschreibung als Folter gibt."

Tjanun, wie soll man seinen Kindern einen Tigerhai zeigen, wenn nicht in einem Aquarium? - oder einen Elefanten, wenn nicht in im Zoo? Sollten solcherlei Erfahrungen exklusiv denjenigen vorbehalten sein, die es sich leisten können, diese Lebewesen in ihrer natürlichen Umgebung aufzusuchen? Sollen wirklich die Tigerhaie und die Elefanten mit ihrer Freiheit dafür zahlen, dass ich evtl. nicht die Möglichkeit habe, sie in ihrer Heimat zu besuchen? Führt aber Tourismus, besonders in Massen, nicht unter Umständen erst zur Gefährdung einer Art? Der kniffligen Für und Widers gibt es viele und mich würde wirklich interessieren, wie die werten Nichten und Neffen wohl zu alldem stehen... 

Mein Hauptbedenken in der Angelegenheit Aquarium lautet: "Sind Fische blöd?" - und zwar so blöd, dass es ihnen völlig Wurscht ist in einem Gurkenglas zu leben. Wenn man sich bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage allein vom Aussehen vieler Kiemenatmer leiten lässt, kommt man recht schnell zu einer eindeutigen Meinung. Schaut man z.B. dem Burschen auf dem Bild rechts tief in die Glubschaugen, verfällt man doch eher nicht als erstes dem Gedanken, er sei gerade zu der Erkenntnis gelangt, dass die Hubblesche Konstante* eigentlich gar keine Konstante ist.
ääääääähm...
Nun haben wir ja schon als Kinder gelernt, dass man sich nicht durch Äußerlichkeiten täuschen lassen soll (was manchen Menschen sogar leidlich gelingt). Ich weiß natürlich nicht, ob und was der blöd aussehende Fisch wirklich im Moment der Aufnahme gedacht hat, möglich wäre aber doch z.B. auch dies: "Hubble?! Der kleine Popanz dürfte mir noch nicht mal den Staub vom Teleskop pusten." Unwahrscheinlich? Ja - aber nicht unmöglich.

Was mir nicht so recht behagt im vancouverschen Aquarium ist die Haltung verschiedener Arten von Meeressäugern, denen ich etwas mehr Intelligenz und auch ein paar mehr Emotionen zutraue. Zugegeben, das ist den Fischen gegenüber ziemlich ungerecht, denn letztlich kann ich auch den Delphinen nicht viel tiefer ins Gemüt schauen. Vielleicht fühle ich mich den Meeressäugern durch die engere Artverwandschaft verbundener, vielleicht ist es aber auch bloß, weil 'Flipper' mich als Kind beeinflusst hat. 
Neben einer kleinen Delphinart gibt es auch Seehunde, eine (nicht öffentliche) Seehundaufzuchtstation für gerettete Heuler und als Hauptattraktion (derzeit) vier Belugawale - zwei Kühe, ein weibliches Kalb** und einen Bullen (sofern der Name Phil nicht eine Abkürzung für Phyllis ist). Selbstverständlich sind es die unzähligen Kinder unter den Besuchern, die sich ganz besonders für den "kleinen" Wal aber auch für die Show der anderen drei begeistern, die von Tiertrainern alle paar Stunden durchgeführt wird. Allein, mein Unbehagen bleibt.

Angeschlossen an die Voliere, die ich eingangs erwähnte, ist ein tropisch klimatisiertes Gebäude mit Terrarien für Frösche aller Größen und Farben, Krokodilen und einem Käfig voller kleiner Fledermäuse, die zwar nicht viel mit Wassertieren, aber vermutlich mit der heimischen Fauna zu tun haben. 
Das gesamte Gelände soll in absehbarer Zukunft noch ausgebaut und um verschiedene Arten erweitert werden - u.a. Affen. Eine Flugshow mit heimischen Greifvögeln gibt es bereits und wir dürfen davon ausgehen, dass das Noch-Aquarium dereinst ein Zoo mit einer Vielzahl an Tierarten zu Wasser, zu Lande und in der Luft sein wird.

In der Zwischenzeit ist es Nachmittag geworden und bis auf die 3D-Filmvorführung und das öffentliche Science-Lab, das leider zur Zeit geschlossen ist, habe ich alles gesehen und verlasse das Aquarium in Richtung Mittagessen. 
Abschließend ist zu diesem Besuch noch zu sagen, dass ich wahrscheinlich Einrichtungen wie diese nicht mehr durch mein Eintrittsgeld unterstützen, sondern stattdessen lieber einen Betrag für marine Forschungszwecke spenden werde. Ich möchte nicht etwa den Eindruck entstehen lassen, ich wäre dort irgendwelcher spezieller Missstände gewahr geworden, oder die Betreiber des Aquariums würden ihren didaktischen Auftrag nicht ernst nehmen - es ist eben einmal so (wie schon hie und da angedeutet) dass mir diese Art der Haltung und Zurschaustellung nicht gefällt. Hoffentlich hat diese meine Sichtweise der lieben Nichte nicht den Spaß und die Neugierde an der Meeresbiologie verdorben - das wäre eine echter Jammer. 

Auf dem Weg zum Essen, ein paar hundert Meter entfernt in Stanley's Park Bar & Grill, entdecke ich durch Zufall eine Kleinigkeit, die ich dieser Nichte aus Vancouver mitbringen kann. Naja, so klein ist die Kleinigkeit eigentlich gar nicht... "Kleinigkeit" ist ja auch immer eine Frage der eigenen Größe. Ich grenze die Sache noch etwas ein: Es passt noch gerade so zu den anderen Sachen in meinen Seesack. Ob es damit wohl Probleme am Flughafen geben wird? Hm hm hmmm, wer kann das schon sagen....   

* H = v / d (Fluchtgeschwindigkeit einer Galaxis geteilt durch ihre Entfernung)
** an anonymen Informant: keines der Tiere heißt Julie. Das Kalb heißt Teeka 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen