Heute habe ich mir ein wenig die Seele weichgelaufen und quasi als Nebeneffekt dem breitgesessenen Glutaeus ein bisschen 'Beine gemacht' (75000 Euro in die Wortspielkasse). Wie läuft man sich die Seele weich? Gute Frage. Ich z.B. fliege dazu irgendwohin (am besten weit weit weg) und laufe im Anschluss dort solange herum, bis meine Seele weich ist - eigentlich total simpel, man muss nur erst einmal darauf kommen.
***
Zum ersten Mal seit meiner Ankunft habe ich heute endlich das Frühstück verschlafen. Dem Himmel sei Dank, es stellt sich allmählich eine gewisse Normalität ein. Ich stehe um 10 Uhr auf und werde mich vor 14.30 Uhr nicht wieder setzen. Das ist nicht etwa irgendein hirnverbrannter Plan, sondern das wird sich so ergeben, wovon ich allerdings noch nichts weiß. Davon, dass ich mir heute die Seele weich- und den linken Fuß blasig laufen werde, weiß ich auch noch nichts. Herrjehmineh, ich kann ja auch nicht immer alles wissen.
Bevor ich zum Aquarium im vormals erwähnten Stanley Park aufbreche (das nämlich ist mein eigentliches Vorhaben), suche ich im Internet eine Fastfoodkettenzweigstelle heraus, die auf dem Weg dorthin liegt, um das verpasste Frühstück zumindest mit etwas nahrungsähnlichem zu ersetzen. Damit wir alle auch fein im Bilde darüber sind, wo ich überall herumlaufen werde, vor allem aber, wie verdammt weit ich laufe, zeichne ich mit Googles Hilfe eine Karte, die ich hier in klein einstelle (für die noobs: Karte mit Rechtsklick in neuem Fenster öffnen [dann wird sie groß angezeigt] und dies neue Fenster irgenwo nebendran abstellen, weiterlesen), denn mit den Straßennamen allein, kann man natürlich nicht so viel anfangen. Ganz links auf dem Plan befindet sich übrigens der Längenmaßstab, damit wir auch wissen, was wir am Ende geleistet haben. Ich mach dann mal den 'Vortänzer'. Alle noobs und nerds bereit? Alle mit Sonnencreme präpariert?... Ich? Nee, ich hab lange Klamotten an, ich brauch das nicht. Jaja, 21°C - wie immer. Wie siehts mit dem Schuhwerk aus? Ach Du heiliger... Cindy! High-Heels?... Du musst es ja wissen. So, und sonst? Simmers? Fein.
Wir starten ganz rechts auf der Karte mit der roten Linie bei dem Kreuzchen und begeben uns in Pfeilrichtung aus dem Hotel nicht in die Hastings (keine Crackheads und Stricher vorm Frühstück bidde), sondern schräg gegenüber in die Dunlevy Avenue und biegen direkt wieder nach rechts in die East Pender ein.
Auf Höhe der Gore Avenue beginnt übrigens Chinatown... was? Ja, ich find auch, dass es hier nicht sooo viel anders aussieht - nur halt bissi mehr Chichi... oder sollte ich sagen, bissi mehr 'Tschingtsching'? Hachja, Spässcher. Das liegt natürlich daran, dass es direkt um das Hotel schon so viele chinesische Läden gibt und der Kontrast daher nicht so hoch ist. Immerhin gibts hier diese netten Straßenlaternen, mit Glücksdrachen auf einer jeden einzelnen. Den chinesischen Garten kann man von hier aus leider nicht sehen. Hochoffiziell heißt der "Dr. Sun Yat - Sen Park" und hat nichts mit dem Livingston Park zu tun, der dahinter liegt.
Wenn Ihr Euch ein wenig die Hälse nach links verdreht, könnt Ihr einen Blick durch den Eingang werfen, der ein bisschen wie ein zu groß geratenes Bullauge aussieht.
Gleich werden wir auch das Millenium Gate durchschreiten - das sieht schon ziemlich chinesisch aus - auf Höhe der Shanghai Alley nämlich und zack, sind wir auch schon wieder raus aus Chinatown. Inzwischen ist die East Pender zur West Pender geworden, die wir immer noch begehen. Eigentlich wollte ich nach links in die Seymour einbiegen (da wo der kleine Knick in der Linie ist), bin aber von einer hübschen Frau abgelenkt worden und dröselig geradeaus gelatscht (tatsächlich passiert). Das schöne an der Piffpaff-Straßenordnung ist ja, dass es pupsegal ist, ob man in Treppenform zum Ziel findet, oder ob man nur ein einziges Mal abbiegt, an der Wegstrecke ändert das nichts... was? Nee, das erkläre ich jetzt NICHT. So viel Verständnis setze ich einfach voraus .
Sooo, zwischendurch maln bissi Architektur... bidde, Architektur links... Architektur rechts... aaachja kuck mal! Architektur! Das sind sozusagen Häuser, die wo einer da... architektiert hat. Ich sag bloß: Frau Dingsbums, zum Architektat bidde. Hachja, Spässcher. Nix für Ungut an die Frohwein-Müller-Charissés, nobody's pertect - ich bin ja so witzig. Wenns läuft, dann läufts... apropos laufen: Nicht mehr lang, dann sind wir bei der Burrard angekommen. Dort biegen wir links ab und müssen nur noch bis zur Ecke Smithe und schon sind wir am Burgerladen. Nicht maulen Cindy, das waren bis dahin gerade mal knapp drei Kilometer - ein guter Appetizer... mit den High Heels, das hättste Dir halt vorher überlegen sollen.
Da wo sich die rote Linie etwas gnubbelt, laufe ich ein bisschen hin und her, weil bei der angegebenen Adresse alles mögliche zu finden ist (ein Kaffeeladen, ein Kino...) aber nicht die anvisierte Fastfoodkette. Wahrscheinlich ist das "Restaurant" Teil des Kinos und das hat jetzt noch nicht geöffnet. Was gibts denn in der Nähe noch?... Schräg gegenüber sehe ich einen Biomarkt - da wirds wohl was zu Essen geben. Ich nehme ein frisch gebackenes und belegtes Croissant, das nach dem Backen und Belegen leider für Stunden in Folie eingewickelt im Kühlregal gelegen hat - Hauptsache Bio. Noch eine große Flasche Wasser einkaufen und zurück auf die Straße.
Wir wenden uns nach Norden (immer noch die rote Linie) und betreten die Barclay St., die, obwohl mitten im Szeneviertel Westend gelegen, aussieht wie ein sehr gepflegter Vorort. Wegen der perfekten Lage und totaler Junkielosigkeit ist das hier eine sehr gefragte und infolgedessen sehr teure Wohngegend. Idyllisch ist es allemal. Menschen die ihre Vorgärten bewässern und mähen, Muttis mit Kinderwagen, ein kleiner Gemüsemarkt und die Straße ist links und rechts von Bäumen gesäumt.
Um die Nähe zum Westend und zu Downtown zu verdeutlichen, schauen wir an der nächsten Kreuzung nach rechts in die Thurlow und da taucht die Großstadt (BUH!) kistenteufelartig wieder auf. Doch mit dem Überqueren der Thurlow lassen wir auch sofort die Großstadthektik wieder hinter uns und schlendern weiter durch die idyllische Allee - und zwar schnurgeradeaus für knapp zwei Kilometer. "Geradeaus" trifft den Sachverhalt allerdings nur in zweidimensionaler Betrachtungsweise, denn die gesamte Halbinsel ist sehr hügelig, sodass man trotz des linealmäßigen Layouts der Barclay nicht bis zu ihrem Ende schauen kann. Einmal an diesem Ende angelangt, folgen wir dem Lagoon Drive ein paar Meter nach links, biegen sodann nach rechts ab und nähern uns über einen kleinen Kiespfad der Lost Lagoon. Hier beginnt Stanley Park, der auf der Karte wie ein großer grüner Entenschädel aussieht.
Um nun die unerhörte Märchenhaftigkeit des Namens Verlorenen Lagune gebührend zu würdigen, habe ich sie aus einem ganz besonders verwunschenen Blickwinkel fotografiert (bidde jetzt Titelmusik von der Märchenbraut einspielen).
Sind die noobs eigentlich noch mit von der Partie? Ihr wisst schon, dass man die Bilder anklicken kann, um sie sich schön groß bis teilweise riesig anzuschauen? Wer das hier zum Lesen ausdruckt (hust, zwinker in Richtung MR), verpasst mindestens 3/4 des Ausfluges.
Kaum haben wir das Piffpaff-Straßenlayout verlassen und ich habe mehr als eine Wahlmöglichkeit der Richtung, passiert das, was passieren musste: Ich verlaufe mich. Es sollte an dieser Stelle nicht völlig unerwähnt bleiben, dass ich den Weg hierher gefunden habe, ohne auch nur einmal auf den Stadtplan zu schauen. Das mag oberflächlich auf der Karte betrachtet kein großes Kunststück sein, ist aber in situ ne andere Nummer. Gut nur, dass ich mich ein klein wenig verlaufe, denn sonst wäre mir womöglich nicht diese Waschbärenfamilie begegnet, die auf dem vermaledeiten Bild leider kaum zu erkennen ist. Die vier bauen sich mutig vor mir auf dem Weg auf und erwecken den Anschein, irgendetwas von mir zu erwarten. Genau so ist es auch, aber ich werde erst später erfahren, wieso sie etwas von mir erwarten. Für den Augenblick bin ich so höflich, ihr Hausrecht anzuerkennen und nehme einen anderen Kiesweg, auf dem ich schnell erkenne, dass ich in die falsche Richtung dackele, denn plötzlich sehe ich in einiger Entfernung das Meer. Auch das ist natürlich kein Beinbruch, sondern nur ein kleiner aber willkommener Umweg. Weil ich schon mal hier bin, überquere ich den Stanley Park Drive und verweile kurz am sogenannten Second Beach um ein Panoramabildchen zu schießen.
Im Augenblick ist es hier noch nicht besonders voll, wie man sehen kann. Das Freibad hingegen, das man noch am rechten Bildrand erahnen kann, ist zum Bersten voll. Auf der Karte ist der Punkt mit einem "hoppla!" (für verlaufen) markiert.
Von dort aus schlage ich auf den verschlungenen Pfaden eines wunderschön bepflanzten, öffentlichen Gartens den Rückweg zur verlorenen Lagune ein, gehe nun zum zweiten Mal daran vorbei und nehme wieder Kurs auf das Aquarium, das von hier etwa anderthalb Kilometer entfernt liegt. Nach noch ein paar kleinen Schlenkern der Desorientierung komme ich dann auch tatsächlich dort an. Zu diesem Zeitpunkt sind wir mit Einkaufen, Verlaufen, Schlenkern usw. rund drei Stunden unterwegs. Als ich sagte "laufen" bezog sich das natürlich nur auf die Fortbewegungsart im Allgemeinen und nicht etwa das angeschlagene Tempo - schileßlich bin ich nicht mehr der Jüngste... Endlich am Aquarium angekommen, schaue ich ein Weilchen auf die verflucht lange Warteschlange am Eingang und zögere... allerdings nur so lange, bis ich drei vollbesetzte Schulbusse vorfahren sehe. Meine im Kopf messerscharf ausformulierte Entscheidung zum Aquariumsbesuch lautet: "och... nö" - und so steht es auch auf der Karte. Ein paar hundert Meter nördlich gibt es die Nachbildung eines Ureinwohnerdorfes, wo ich auch nur kurz vorbeischaue und mich nicht dafür erwärmen kann. Hier werden irgendwelche Zeremonien der Ureinwohner nachgespielt und... ich weiß nicht so recht warum, aber meine Sache ist das eher nicht. Vielleicht ist es besonders lehr- und aufschlussreich, aber es hat für mich irgendwie den Beigeschmack von Zoo. Wenigstens sind die Exponate hier Freiwillige. Weil ich für den Tag noch keine weiteren Dinge geplant habe, beschließe ich auch noch die andere Seite von Stanley Park in Augenschein zu nehmen, bevor ich mir etwas anderes einfallen lasse.
Als allererstes stöpsele ich mir meine Kopfhörer ein und höre Musik. Wind und Wellen machen auch schöne Musik, aber ich brauche gerade eine andere Musik und wie auf Zuruf spielt der Apparat zufällig "All The World Is Green" von Tom Waits und meine nicht mehr ganz frischen Beinchen beginnen von ganz alleine, mich weiter auf dem Fußgängerweg am Burrard Inlet entlang, in Richtung der nördlichen Spitze von Stanley Park zu bringen, wo die Lions Gate Bridge nach Norgate führt.
Bis dahin ist es von hier aus noch ein ganzes Weilchen und irgendwo zwischen hier und der Brücke beginnt nach und nach das Seele-Weichlaufen. Es beginnt so, dass mir irgendwie pfrumelig ums Gemüt wird - nicht glücklich, nicht traurig, sondern pfrumelig. Möglich, dass ich derart unsportlich geworden bin, dass mein Körper schon Pfrumeldrogen über mir ausschüttet - ich versuche aber nicht das zu analysieren, sondern lasse es pfrumeln und laufe einfach weiter. Viel mehr ist zu dem ganzen seltsamen Prozess eigentlich nicht zu sagen, außer dass ich irgendwann das Gefühl habe, nicht mehr in einem fremden Land, in einer fremden Stadt, allein im Irgendwo zu sein, sondern ich bin jetzt:
- klar in der Rübe
- weich in der Seele
- mit allem, was vorher vielleicht noch ganz woanders war, in Vancouver/Canada angekommen
Wie feiere ich solch einen spirituellen Moment der Pfrumelisierung? Zunächst einmal mit Weiterlaufen. Was auch sonst?
Den ersten Stopp seit dem Aufstehen heute morgen lege ich am Third Beach ein, der etwas oberhalb des Second Beach und zugleich am äußerst westlichen Ende von Stanley Park liegt. Ich setze mich in den Sand und ziehe mir Schuhe und Strümpfe aus, um das Wasser auf dieser Seite des Pazifiks zu prüfen. Es ist jetzt 14.30 Uhr.
Bevor ich zum Aquarium im vormals erwähnten Stanley Park aufbreche (das nämlich ist mein eigentliches Vorhaben), suche ich im Internet eine Fastfoodkettenzweigstelle heraus, die auf dem Weg dorthin liegt, um das verpasste Frühstück zumindest mit etwas nahrungsähnlichem zu ersetzen. Damit wir alle auch fein im Bilde darüber sind, wo ich überall herumlaufen werde, vor allem aber, wie verdammt weit ich laufe, zeichne ich mit Googles Hilfe eine Karte, die ich hier in klein einstelle (für die noobs: Karte mit Rechtsklick in neuem Fenster öffnen [dann wird sie groß angezeigt] und dies neue Fenster irgenwo nebendran abstellen, weiterlesen), denn mit den Straßennamen allein, kann man natürlich nicht so viel anfangen. Ganz links auf dem Plan befindet sich übrigens der Längenmaßstab, damit wir auch wissen, was wir am Ende geleistet haben. Ich mach dann mal den 'Vortänzer'. Alle noobs und nerds bereit? Alle mit Sonnencreme präpariert?... Ich? Nee, ich hab lange Klamotten an, ich brauch das nicht. Jaja, 21°C - wie immer. Wie siehts mit dem Schuhwerk aus? Ach Du heiliger... Cindy! High-Heels?... Du musst es ja wissen. So, und sonst? Simmers? Fein.
Wir starten ganz rechts auf der Karte mit der roten Linie bei dem Kreuzchen und begeben uns in Pfeilrichtung aus dem Hotel nicht in die Hastings (keine Crackheads und Stricher vorm Frühstück bidde), sondern schräg gegenüber in die Dunlevy Avenue und biegen direkt wieder nach rechts in die East Pender ein.
Auf Höhe der Gore Avenue beginnt übrigens Chinatown... was? Ja, ich find auch, dass es hier nicht sooo viel anders aussieht - nur halt bissi mehr Chichi... oder sollte ich sagen, bissi mehr 'Tschingtsching'? Hachja, Spässcher. Das liegt natürlich daran, dass es direkt um das Hotel schon so viele chinesische Läden gibt und der Kontrast daher nicht so hoch ist. Immerhin gibts hier diese netten Straßenlaternen, mit Glücksdrachen auf einer jeden einzelnen. Den chinesischen Garten kann man von hier aus leider nicht sehen. Hochoffiziell heißt der "Dr. Sun Yat - Sen Park" und hat nichts mit dem Livingston Park zu tun, der dahinter liegt.
Wenn Ihr Euch ein wenig die Hälse nach links verdreht, könnt Ihr einen Blick durch den Eingang werfen, der ein bisschen wie ein zu groß geratenes Bullauge aussieht.
Gleich werden wir auch das Millenium Gate durchschreiten - das sieht schon ziemlich chinesisch aus - auf Höhe der Shanghai Alley nämlich und zack, sind wir auch schon wieder raus aus Chinatown. Inzwischen ist die East Pender zur West Pender geworden, die wir immer noch begehen. Eigentlich wollte ich nach links in die Seymour einbiegen (da wo der kleine Knick in der Linie ist), bin aber von einer hübschen Frau abgelenkt worden und dröselig geradeaus gelatscht (tatsächlich passiert). Das schöne an der Piffpaff-Straßenordnung ist ja, dass es pupsegal ist, ob man in Treppenform zum Ziel findet, oder ob man nur ein einziges Mal abbiegt, an der Wegstrecke ändert das nichts... was? Nee, das erkläre ich jetzt NICHT. So viel Verständnis setze ich einfach voraus .
Sooo, zwischendurch maln bissi Architektur... bidde, Architektur links... Architektur rechts... aaachja kuck mal! Architektur! Das sind sozusagen Häuser, die wo einer da... architektiert hat. Ich sag bloß: Frau Dingsbums, zum Architektat bidde. Hachja, Spässcher. Nix für Ungut an die Frohwein-Müller-Charissés, nobody's pertect - ich bin ja so witzig. Wenns läuft, dann läufts... apropos laufen: Nicht mehr lang, dann sind wir bei der Burrard angekommen. Dort biegen wir links ab und müssen nur noch bis zur Ecke Smithe und schon sind wir am Burgerladen. Nicht maulen Cindy, das waren bis dahin gerade mal knapp drei Kilometer - ein guter Appetizer... mit den High Heels, das hättste Dir halt vorher überlegen sollen.
Da wo sich die rote Linie etwas gnubbelt, laufe ich ein bisschen hin und her, weil bei der angegebenen Adresse alles mögliche zu finden ist (ein Kaffeeladen, ein Kino...) aber nicht die anvisierte Fastfoodkette. Wahrscheinlich ist das "Restaurant" Teil des Kinos und das hat jetzt noch nicht geöffnet. Was gibts denn in der Nähe noch?... Schräg gegenüber sehe ich einen Biomarkt - da wirds wohl was zu Essen geben. Ich nehme ein frisch gebackenes und belegtes Croissant, das nach dem Backen und Belegen leider für Stunden in Folie eingewickelt im Kühlregal gelegen hat - Hauptsache Bio. Noch eine große Flasche Wasser einkaufen und zurück auf die Straße.
Wir wenden uns nach Norden (immer noch die rote Linie) und betreten die Barclay St., die, obwohl mitten im Szeneviertel Westend gelegen, aussieht wie ein sehr gepflegter Vorort. Wegen der perfekten Lage und totaler Junkielosigkeit ist das hier eine sehr gefragte und infolgedessen sehr teure Wohngegend. Idyllisch ist es allemal. Menschen die ihre Vorgärten bewässern und mähen, Muttis mit Kinderwagen, ein kleiner Gemüsemarkt und die Straße ist links und rechts von Bäumen gesäumt.
Um die Nähe zum Westend und zu Downtown zu verdeutlichen, schauen wir an der nächsten Kreuzung nach rechts in die Thurlow und da taucht die Großstadt (BUH!) kistenteufelartig wieder auf. Doch mit dem Überqueren der Thurlow lassen wir auch sofort die Großstadthektik wieder hinter uns und schlendern weiter durch die idyllische Allee - und zwar schnurgeradeaus für knapp zwei Kilometer. "Geradeaus" trifft den Sachverhalt allerdings nur in zweidimensionaler Betrachtungsweise, denn die gesamte Halbinsel ist sehr hügelig, sodass man trotz des linealmäßigen Layouts der Barclay nicht bis zu ihrem Ende schauen kann. Einmal an diesem Ende angelangt, folgen wir dem Lagoon Drive ein paar Meter nach links, biegen sodann nach rechts ab und nähern uns über einen kleinen Kiespfad der Lost Lagoon. Hier beginnt Stanley Park, der auf der Karte wie ein großer grüner Entenschädel aussieht.
Um nun die unerhörte Märchenhaftigkeit des Namens Verlorenen Lagune gebührend zu würdigen, habe ich sie aus einem ganz besonders verwunschenen Blickwinkel fotografiert (bidde jetzt Titelmusik von der Märchenbraut einspielen).
Sind die noobs eigentlich noch mit von der Partie? Ihr wisst schon, dass man die Bilder anklicken kann, um sie sich schön groß bis teilweise riesig anzuschauen? Wer das hier zum Lesen ausdruckt (hust, zwinker in Richtung MR), verpasst mindestens 3/4 des Ausfluges.
Kaum haben wir das Piffpaff-Straßenlayout verlassen und ich habe mehr als eine Wahlmöglichkeit der Richtung, passiert das, was passieren musste: Ich verlaufe mich. Es sollte an dieser Stelle nicht völlig unerwähnt bleiben, dass ich den Weg hierher gefunden habe, ohne auch nur einmal auf den Stadtplan zu schauen. Das mag oberflächlich auf der Karte betrachtet kein großes Kunststück sein, ist aber in situ ne andere Nummer. Gut nur, dass ich mich ein klein wenig verlaufe, denn sonst wäre mir womöglich nicht diese Waschbärenfamilie begegnet, die auf dem vermaledeiten Bild leider kaum zu erkennen ist. Die vier bauen sich mutig vor mir auf dem Weg auf und erwecken den Anschein, irgendetwas von mir zu erwarten. Genau so ist es auch, aber ich werde erst später erfahren, wieso sie etwas von mir erwarten. Für den Augenblick bin ich so höflich, ihr Hausrecht anzuerkennen und nehme einen anderen Kiesweg, auf dem ich schnell erkenne, dass ich in die falsche Richtung dackele, denn plötzlich sehe ich in einiger Entfernung das Meer. Auch das ist natürlich kein Beinbruch, sondern nur ein kleiner aber willkommener Umweg. Weil ich schon mal hier bin, überquere ich den Stanley Park Drive und verweile kurz am sogenannten Second Beach um ein Panoramabildchen zu schießen.
Im Augenblick ist es hier noch nicht besonders voll, wie man sehen kann. Das Freibad hingegen, das man noch am rechten Bildrand erahnen kann, ist zum Bersten voll. Auf der Karte ist der Punkt mit einem "hoppla!" (für verlaufen) markiert.
Von dort aus schlage ich auf den verschlungenen Pfaden eines wunderschön bepflanzten, öffentlichen Gartens den Rückweg zur verlorenen Lagune ein, gehe nun zum zweiten Mal daran vorbei und nehme wieder Kurs auf das Aquarium, das von hier etwa anderthalb Kilometer entfernt liegt. Nach noch ein paar kleinen Schlenkern der Desorientierung komme ich dann auch tatsächlich dort an. Zu diesem Zeitpunkt sind wir mit Einkaufen, Verlaufen, Schlenkern usw. rund drei Stunden unterwegs. Als ich sagte "laufen" bezog sich das natürlich nur auf die Fortbewegungsart im Allgemeinen und nicht etwa das angeschlagene Tempo - schileßlich bin ich nicht mehr der Jüngste... Endlich am Aquarium angekommen, schaue ich ein Weilchen auf die verflucht lange Warteschlange am Eingang und zögere... allerdings nur so lange, bis ich drei vollbesetzte Schulbusse vorfahren sehe. Meine im Kopf messerscharf ausformulierte Entscheidung zum Aquariumsbesuch lautet: "och... nö" - und so steht es auch auf der Karte. Ein paar hundert Meter nördlich gibt es die Nachbildung eines Ureinwohnerdorfes, wo ich auch nur kurz vorbeischaue und mich nicht dafür erwärmen kann. Hier werden irgendwelche Zeremonien der Ureinwohner nachgespielt und... ich weiß nicht so recht warum, aber meine Sache ist das eher nicht. Vielleicht ist es besonders lehr- und aufschlussreich, aber es hat für mich irgendwie den Beigeschmack von Zoo. Wenigstens sind die Exponate hier Freiwillige. Weil ich für den Tag noch keine weiteren Dinge geplant habe, beschließe ich auch noch die andere Seite von Stanley Park in Augenschein zu nehmen, bevor ich mir etwas anderes einfallen lasse.
Ich überquere also noch einmal den Stanley Park Drive im Norden und mache, wieder am Wasser angekommen, ein weiteres Panoramabildchen - diesmal vom Industriegebiet/Hafen in Nordvancouver (Schäl Sick).
Tscha! Wat nu?! Zum Zurückgehen ist es noch zu früh, den Reiseführer habe ich nicht eingesteckt, hungrig bin ich auch noch nicht... was fang ich bloß an?Als allererstes stöpsele ich mir meine Kopfhörer ein und höre Musik. Wind und Wellen machen auch schöne Musik, aber ich brauche gerade eine andere Musik und wie auf Zuruf spielt der Apparat zufällig "All The World Is Green" von Tom Waits und meine nicht mehr ganz frischen Beinchen beginnen von ganz alleine, mich weiter auf dem Fußgängerweg am Burrard Inlet entlang, in Richtung der nördlichen Spitze von Stanley Park zu bringen, wo die Lions Gate Bridge nach Norgate führt.
Bis dahin ist es von hier aus noch ein ganzes Weilchen und irgendwo zwischen hier und der Brücke beginnt nach und nach das Seele-Weichlaufen. Es beginnt so, dass mir irgendwie pfrumelig ums Gemüt wird - nicht glücklich, nicht traurig, sondern pfrumelig. Möglich, dass ich derart unsportlich geworden bin, dass mein Körper schon Pfrumeldrogen über mir ausschüttet - ich versuche aber nicht das zu analysieren, sondern lasse es pfrumeln und laufe einfach weiter. Viel mehr ist zu dem ganzen seltsamen Prozess eigentlich nicht zu sagen, außer dass ich irgendwann das Gefühl habe, nicht mehr in einem fremden Land, in einer fremden Stadt, allein im Irgendwo zu sein, sondern ich bin jetzt:
- klar in der Rübe
- weich in der Seele
- mit allem, was vorher vielleicht noch ganz woanders war, in Vancouver/Canada angekommen
Den ersten Stopp seit dem Aufstehen heute morgen lege ich am Third Beach ein, der etwas oberhalb des Second Beach und zugleich am äußerst westlichen Ende von Stanley Park liegt. Ich setze mich in den Sand und ziehe mir Schuhe und Strümpfe aus, um das Wasser auf dieser Seite des Pazifiks zu prüfen. Es ist jetzt 14.30 Uhr.
(to be continued)
Was für eine reizende Stadtführung (to be continued). Bisher war's auch noch gar nicht so anstrengend!
AntwortenLöschen@zbrwld: linker Fuß, 2 dicke Blasen. Eine gut, eine entzündet (aua).
AntwortenLöschen*puuuuuuusst* =)
AntwortenLöschen@Iven: zuuuu spääät
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