Heute ist also der Tag, an dem ich mir endlich die Oper vorknöpfen werde. Dummerweise streikt die Internetseite http://www.sydneyoperahouse.com ausgerechnet heute bei der Anfrage nach klassischer Musik. Es gibt in und rund um die Oper massenhaft andere Veranstaltungen, aber in diesem Punkt bin ich nun einmal etwas verbissen – ich will in die verdammte Oper und nicht zu einer von experimentellem Jazz begleitete Stummfilmvorführung mit Filmen aus Lumiere-Zeiten, obwohl man die tatsächlich derzeit gibt und obwohl ich ein bekennender Filmfreak bin. Nee, ich will in die Oper von Sydney, mit nur klassischer Musik biddeschön, in einem Opernsaal – am liebsten Beethovens Pastorale (ich weiß, dass Beethovens sechste Synphonie keine Oper ist), aber Läbbe is ja auch kain Wunschkonzädd ('hust' 60000 Euro in die Wortspielkasse).
Internetseite hin, Internetseite her – wozu braucht man schon diesen ganzen neumodischen Schnickschnack, wenn man doch einfach zur Oper hinspazieren kann, um sich persönlich über das Programm zu informieren?
Ich spaziere also schon wieder einmal über die George Street in Richtung Norden, als mir gegenüber der Townhall eine Treppe auffällt, die in den Untergrund führt. Moooment! Hatte nicht vor Kurzem erst ein völlig ahnungsloser Blogger geschrieben, es gäbe weder U- noch Straßenbahnen in Sydney? Was für ein Penner.
Aber hallo gibts hier U-Bahnen! Und davon nicht zu wenige. Da hat wohl einer braune Stinkeschokolade erzählt... Ich mache das Bild vom Netzplan mal ordentlich groß und ixe die Haltestelle 'Townhall', damit wir alle an der selben Haltestelle einsteigen können.
Wie zum Kuckuck konnte mir ein ganzes U-Bahnnetz in den Tagen zuvor nur entgehen?
Es gibt zu dieser Frage zwar keine 1+1=2 Antwort, aber zumindest eine Theorie – terribly flimsy of course: Der Linksverkehr hat an allem Schuld! Andererseits ist diese Theorie gar nicht allzu fadenscheinig, denn es ist, auch wenn man das annehmen möchte, nicht damit getan, dass man zuerst nach rechts schaut, bevor man die Straße überquert, obwohl sich daran zu gewöhnen für mich schon schwierig genug war. Vielleicht kann man es mit der Schwierigkeit vergleichen, die man bei dem Versuch hat, bejahend mit dem Kopf zu nicken und gleichzeitig "Nein" zu sagen. Wer das ausprobiert mag sich denken, dass das ja nun wirklich nicht so schwer ist. Das stimmt natürlich auch für den Einzelversuch, jedoch muss man sich dabei vorstellen, das von nun an immer so zu handhaben – ohne darüber nachdenken zu müssen. Ich habe irgendwann aufgegeben gegen meine Links-Blick-Konditionierung anzukämpfen und schaue einfach nach links und rechts, bevor ich über die Straße gehe. An vielen Kreuzungen hat man sogar für die andersherum denkenden Menschen den Schriftzug "LOOK RIGHT" auf die Straße gepinselt und für diejenigen, die noch grundsätzlichere Probleme mit derlei Richtungsangaben haben, einen rechtsweisenden Pfeil dazu gemalt. Wie schon gesagt, das ist noch nicht alles. Es empfiehlt sich zudem auch auf der linken Straßenseite zu gehen, in Einkaufszentren wendet man sich als erstes nach links, Rolltreppen, die zum nächsten Stockwerk führen sind linksseitig angeordnet u.s.w. Nun wäre es allerdings blauäugig anzunehmen, dass in einer Fünf-Millionen-Stadt alle immerzu auf der linken Straßenseite spazieren und hier kommt das nächste wichtige Detail für den Fußgängerverkehr: Wenn man in gerader Linie auf einen entgegen kommenden Fußgänger trifft, weicht man einander ebenfalls nach links aus. Besonders diesen Verhaltenskodex zu verinnerlichen ist mir anfangs derart schwer gefallen, dass ich wirklich häufiger mit anderen Menschen zusammengerauscht bin. Dazu kommt, dass man natürlich auch vielen Touristen begegnet, die diese Regeln ebenfalls noch nicht aufgesogen haben und ihrerseits nach rechts ausweichen. Es gibt also viele Kleinigkeiten zu beachten, die Dich, bis sie einmal in Fleisch und Blut übergegangen sind, von der Umgebung ablenken und so kommt es dann, dass man z.B. den Eingang zu einer riesigen U-Bahnstation übersieht. Mittlerweile habe ich diese Sache so verdammt gut im Griff, dass ich zur lunchbreak time völlig zusammenstoßfrei im Zickzack über den Bürgersteig vom Haymarket quer durch das Business Viertel downtown nach Millers Point joggen könnte – was selbstredend niemals passieren wird, weil ich dummerweise meine Joggingschuhe gar nicht dabei habe. Außerdem sind das drei Kilometer! Wer bin ich denn? Haile Gebrselassi?
Während wir also an der Station Townhall, Platform 5, Sublevel 2 auf die Bahn nach Bondi Junction warten, unterhalten wir uns doch ein wenig über das Leben in Sydney (und mithin noch einmal über die Little Differences & Similarities), das ich in der bisherigen Erzählung ein wenig vernachlässigt habe. Könnte ich mir z.B. vorstellen in Sydney zu leben? Antwort: Ja, unter Vorbehalt. Neun Tage Aufenthalt in einer Fünf-Millionen-Metropole zur off-season sind natürlich ein bisschen zu wenig, um sich ein umfassendes Bild machen zu können. Sydney ist (nach meinem Dafürhalten) zumindest im Zentrum eine sehr junge Stadt, sowohl was die recht moderne Infrastruktur als auch die Bewohner betrifft. Alte Menschen sieht man hier eher selten. Ich denke jedoch, das ist in allen größeren Städten so – ältere Herrschaften leben lieber in den etwas weniger hektischen Vororten. Die ethnische Vielfalt ist sehr groß und, auch das ist eher keine Überraschung, die ethnischen Gruppen bleiben, so sie denn die Möglichkeit dazu haben, lieber unter sich. Wo man in Köln einen türkisch-stämmigen Menschen antrifft, trifft man hier auf einen Menschen asiatischer Herkunft – vornehmlich in Imbissbuden oder Fastfoodrestaurants, aber auch in den klischeeträchtigen Jobs, wie der Wäscherei oder dem Massageparlor. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Massageläden auf einem Haufen gesehen. Man kann sich z.B. im offenen Atrium der Mall unter den Augen der einkaufenden Passanten die Füße, Beine oder das Gesicht massieren lassen. Mein Ding wäre das nicht. In einem Job jedoch trifft man sie nur selten an und das ist interessant, weil es schon wieder ein Klischee stüzt – es gibt nur wenige asiatische Taxifahrer. Das sind eher orientalische Typen – noch ein Klischee.
Die Mode ist wie in allen großen Städten sehr facettenreich, es gibt für die Saison 2010 jedoch einen recht auffälligen Trend: Die Sydneyerin zeigt sehr gerne Bein. Ich begrüße das. Obwohl die Temperaturen in dieser Jahreszeit von den Einheimischen als bitterkalt empfunden werden, hält das die Sydneyerin nicht davon ab, im kurzen Röckchen zu gehen. Obenherum dick eingepackt, teilweise mit Schal und Handschuhen, aber untenherum eher luftig, mitunter sogar ohne Strümpfe. Erwähnte ich schon, dass ich diesen Trend begrüße?
Und dann hätten wir noch diese Sorte Mensch, von der ich nicht weiß, ob ich sie beim Abschnitt Mode oder doch ethnischer Gruppierung einsortieren sollte: Schlipsträger. Die gibts hier in allen Formen aber nicht Farben. Schlipsträger sind fast immer grau und treten dank der Einbettung des Geschäftsviertels in das 'normale' Stadtleben zuhauf und fast überall in Erscheinung. Die weiblichen Businesspeople tragen zwar eher selten Schlips, sind aber auch überwiegend grau.
Ich weiß nicht, wie viele unsichtbare Grenzen die einelnen Viertel voneinander trennen, eine jedoch ist ziemlich deutlich. Ein paar Straßen von meinem Hotel nach Norden bzw. Westen endet Chinatown. Die Dichte asiatischer Menschen nimmt von dort an spürbar ab, gegenwärtig sind sie jedoch überall.
Wie der ethnische Durchsatz ist auch die Kneipenkultur von Sydney überaus reichhaltig. Von der Arbeiterpinte bis zur Business-Schickimicki-Cocktailbar ist alles auf wenigen hundert Metern vertreten. Wenn man sich eher in ersterer Kategorie wohlfühlt, sollte man sie dennoch meiden, wenn man gerne für sich bleiben möchte, denn das ist so gut wie unmöglich. Bianca, die ich schon in ein paar Tagen in Cairns besuchen werde, hat mir die Bar im Hilton empfohlen. Sorry Bianca, das war eindeutig die andere Kategorie und absolut nicht mein Fall. Selbst wenn es dort keinen Krawattenzwang gibt, so sollte man doch besser eine Krawatte im Kopf tragen, bevor man sich dorthin begibt.
Was die Lebenshaltung betrifft, habe ich überhaupt keine Ahnung davon, wie der Hase läuft. Päckchen Zigaretten: 16AU$, Rumpsteak mit Pommes Frites, Salat + ein Pint Guiness: 16AU$. Mal ganz im Ernst: Da stimmt doch was nicht! Hier sterben die Menschen nicht an Lungenkrebs, sondern an Arterienverfettung. Das muss ich allerdings direkt revidieren: Fette Menschen sucht man hier beinahe vergebens. Ich zähle da mit meiner moderaten Plauze ganz sicher schon zu den Dickmöpsen. Vielleicht ist man hier deshalb eher schlank, weil sehr viel gearbeitet wird. Der Sonnatg z.B. scheint ein ganz normaler Werktag zu sein. Große wie auch kleine Geschäfte haben sieben Tage in der Woche geöffnet.
Um nun auch einmal ein Klischee zu entkräften: Die Sauferei die dem Aussie gerne nachgesagt wird, konnte ich zumindest in Sydney so nicht feststellen. Alkoholismus bringt den Australier nämlich auf dem schnellsten Wege ins Armenhaus – sozusagen Doppelruin. Für eine Flasche Shiraz von der Qualität, für die man bei uns sechs oder sieben Euro bezahlen würde, muss man hier das doppelte ausgeben. Von Bier wollen wir erst gar nicht reden. Entweder es schmeckt... nunja, australisch (Geschmacksache – ich war nicht entzückt), oder es ist importiert und mithin nahezu unbezahlbar.
Egal ob es Bier oder sonstwas ist, die Australier sind sehr stolz auf ihre Erzeugnisse. Auf den meisten Produkten liest man nicht ein nüchternes "made in Australia", sondern eher so etwas wie "of course 100% Australian", "with pride..." o.ä.
Dieser Stolz macht aber nicht bei den Produkten halt. Man kann zwar nicht behaupten, dass die Beflaggung überall in der Stadt, mit der Beflaggung deutscher Städte zu Zeiten der Fußball-WM 2006 konkurrieren könnte, aber ich habe auch noch nie zuvor gesehen, dass ein Kranfahrer die Hebetrosse seines Arbeitgeräts mit der Nationalflagge schmückt. Bei Fußball WM fällt mir Dave ein, den ich gestern in einer Kneipe kennen gelernt habe. Dave ist Spengler und ein ausgesprochener Sportfan. Nachdem ich ihn nach seinem Interesse für die Fußball-WM 2010 gefragt habe, meinte er selbiges sei nach der Niederlage gegen die deutsche Mannschaft schlagartig erloschen. Er hat das allerdings so formuliert: "That goddam stupid German bastards! They killed us man!" Aber ich drifte schon wieder gedanklich davon und während ich mich verplaudere, ist die Bahn nicht nur bei der Station Townhall eingetroffen, sondern wir sind bereits in Bondi Junction angekommen.
Um das vorläufige Resümee für den kleinen Teil Sydneys, den ich bisher gesehen habe, noch zum Abschluss zu bringen: Eine schöne und kultivierte Großstadt ist das, die ihre hektischen und rastlosen Seiten und viiiiiele Menschen hat, aber dabei niemals schreiend oder erschlagend wirkt. Die Luft ist dank der Nähe zur See erstaunlich sauber und die Leute sind entspannt, aufgeschlossen, kontaktfreudig und freundlich. Kurz: unbedingt eine Reise wert.
Eigentlich hatte ich ja vor, zur Oper zur gehen, aber die U-Bahn ist im Augenblick interessanter. Wollen doch mal sehen, ob meine urbanen skills ausreichend sind, um in einer völlig fremden Großstadt mit dem ÖPNV klarzukommen.
Wie man auf dem Netzplan oben sehen kann, haben die Bahnen hier keine Nummern, sondern die Platforms, also die Haltestellen. Für den Kölner ungewöhnlich, das Sydneyer Bahn-Modell lässt sich wohl eher mit dem berlinerischen System vergleichen. Da jede Bahnlinie ihren eigenen Gleiskörper hat, also niemals Bahnen mit unterschiedlichen Zielen auf dem selben Gleis abfahren, erübrigt sich die Nummerierung. Die Ticketautomaten sind vorbildlich einfach zu bedienen, jetzt muss ich nur noch wissen, wo ich überhaupt hin möchte. Bondi Junction (spr. "Bondei") soll es sein, dann kann ich mir auch gleich den weltberühmten Bondi Beach mal anschauen. Warum ist der eigentlich noch mal so berühmt? Gabs da nicht diesen Baywatch-Spinoff? Irgend sowas muss es gewesen sein. Das Einzelticket kostet 3$20, also vergleichbar mit einem Cityticket für Köln. So übersichtlich die Automaten und die Stationen selbst sind, so verwirrend ist teilweise die Beschilderung.
Hier ein kleines Beispiel für diese Behauptung, das mir einerseits einen Ausgang anzeigen soll, zugleich aber nahelegt, dass dieser Weg eben nicht nach draußen führt. Ich würde deshalb allerdings keine Beschwerdebriefe schreiben, sondern bin der Meinung, dass kleine Ungereimtheiten einfach zum Mikrokosmos ÖPNV dazugehören, wie das Salz in die Suppe. Wo bliebe denn sonst der Spaß? Auf der Strecke. (Nochmals 45000 Euro in die Wortwitzkasse) Während wir also an der Station Townhall, Platform 5, Sublevel 2 auf die Bahn nach Bondi Junction warten, unterhalten wir uns doch ein wenig über das Leben in Sydney (und mithin noch einmal über die Little Differences & Similarities), das ich in der bisherigen Erzählung ein wenig vernachlässigt habe. Könnte ich mir z.B. vorstellen in Sydney zu leben? Antwort: Ja, unter Vorbehalt. Neun Tage Aufenthalt in einer Fünf-Millionen-Metropole zur off-season sind natürlich ein bisschen zu wenig, um sich ein umfassendes Bild machen zu können. Sydney ist (nach meinem Dafürhalten) zumindest im Zentrum eine sehr junge Stadt, sowohl was die recht moderne Infrastruktur als auch die Bewohner betrifft. Alte Menschen sieht man hier eher selten. Ich denke jedoch, das ist in allen größeren Städten so – ältere Herrschaften leben lieber in den etwas weniger hektischen Vororten. Die ethnische Vielfalt ist sehr groß und, auch das ist eher keine Überraschung, die ethnischen Gruppen bleiben, so sie denn die Möglichkeit dazu haben, lieber unter sich. Wo man in Köln einen türkisch-stämmigen Menschen antrifft, trifft man hier auf einen Menschen asiatischer Herkunft – vornehmlich in Imbissbuden oder Fastfoodrestaurants, aber auch in den klischeeträchtigen Jobs, wie der Wäscherei oder dem Massageparlor. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Massageläden auf einem Haufen gesehen. Man kann sich z.B. im offenen Atrium der Mall unter den Augen der einkaufenden Passanten die Füße, Beine oder das Gesicht massieren lassen. Mein Ding wäre das nicht. In einem Job jedoch trifft man sie nur selten an und das ist interessant, weil es schon wieder ein Klischee stüzt – es gibt nur wenige asiatische Taxifahrer. Das sind eher orientalische Typen – noch ein Klischee.
Die Mode ist wie in allen großen Städten sehr facettenreich, es gibt für die Saison 2010 jedoch einen recht auffälligen Trend: Die Sydneyerin zeigt sehr gerne Bein. Ich begrüße das. Obwohl die Temperaturen in dieser Jahreszeit von den Einheimischen als bitterkalt empfunden werden, hält das die Sydneyerin nicht davon ab, im kurzen Röckchen zu gehen. Obenherum dick eingepackt, teilweise mit Schal und Handschuhen, aber untenherum eher luftig, mitunter sogar ohne Strümpfe. Erwähnte ich schon, dass ich diesen Trend begrüße?
Und dann hätten wir noch diese Sorte Mensch, von der ich nicht weiß, ob ich sie beim Abschnitt Mode oder doch ethnischer Gruppierung einsortieren sollte: Schlipsträger. Die gibts hier in allen Formen aber nicht Farben. Schlipsträger sind fast immer grau und treten dank der Einbettung des Geschäftsviertels in das 'normale' Stadtleben zuhauf und fast überall in Erscheinung. Die weiblichen Businesspeople tragen zwar eher selten Schlips, sind aber auch überwiegend grau.
Ich weiß nicht, wie viele unsichtbare Grenzen die einelnen Viertel voneinander trennen, eine jedoch ist ziemlich deutlich. Ein paar Straßen von meinem Hotel nach Norden bzw. Westen endet Chinatown. Die Dichte asiatischer Menschen nimmt von dort an spürbar ab, gegenwärtig sind sie jedoch überall.
Wie der ethnische Durchsatz ist auch die Kneipenkultur von Sydney überaus reichhaltig. Von der Arbeiterpinte bis zur Business-Schickimicki-Cocktailbar ist alles auf wenigen hundert Metern vertreten. Wenn man sich eher in ersterer Kategorie wohlfühlt, sollte man sie dennoch meiden, wenn man gerne für sich bleiben möchte, denn das ist so gut wie unmöglich. Bianca, die ich schon in ein paar Tagen in Cairns besuchen werde, hat mir die Bar im Hilton empfohlen. Sorry Bianca, das war eindeutig die andere Kategorie und absolut nicht mein Fall. Selbst wenn es dort keinen Krawattenzwang gibt, so sollte man doch besser eine Krawatte im Kopf tragen, bevor man sich dorthin begibt.
Was die Lebenshaltung betrifft, habe ich überhaupt keine Ahnung davon, wie der Hase läuft. Päckchen Zigaretten: 16AU$, Rumpsteak mit Pommes Frites, Salat + ein Pint Guiness: 16AU$. Mal ganz im Ernst: Da stimmt doch was nicht! Hier sterben die Menschen nicht an Lungenkrebs, sondern an Arterienverfettung. Das muss ich allerdings direkt revidieren: Fette Menschen sucht man hier beinahe vergebens. Ich zähle da mit meiner moderaten Plauze ganz sicher schon zu den Dickmöpsen. Vielleicht ist man hier deshalb eher schlank, weil sehr viel gearbeitet wird. Der Sonnatg z.B. scheint ein ganz normaler Werktag zu sein. Große wie auch kleine Geschäfte haben sieben Tage in der Woche geöffnet.
Um nun auch einmal ein Klischee zu entkräften: Die Sauferei die dem Aussie gerne nachgesagt wird, konnte ich zumindest in Sydney so nicht feststellen. Alkoholismus bringt den Australier nämlich auf dem schnellsten Wege ins Armenhaus – sozusagen Doppelruin. Für eine Flasche Shiraz von der Qualität, für die man bei uns sechs oder sieben Euro bezahlen würde, muss man hier das doppelte ausgeben. Von Bier wollen wir erst gar nicht reden. Entweder es schmeckt... nunja, australisch (Geschmacksache – ich war nicht entzückt), oder es ist importiert und mithin nahezu unbezahlbar.
Egal ob es Bier oder sonstwas ist, die Australier sind sehr stolz auf ihre Erzeugnisse. Auf den meisten Produkten liest man nicht ein nüchternes "made in Australia", sondern eher so etwas wie "of course 100% Australian", "with pride..." o.ä.
Dieser Stolz macht aber nicht bei den Produkten halt. Man kann zwar nicht behaupten, dass die Beflaggung überall in der Stadt, mit der Beflaggung deutscher Städte zu Zeiten der Fußball-WM 2006 konkurrieren könnte, aber ich habe auch noch nie zuvor gesehen, dass ein Kranfahrer die Hebetrosse seines Arbeitgeräts mit der Nationalflagge schmückt. Bei Fußball WM fällt mir Dave ein, den ich gestern in einer Kneipe kennen gelernt habe. Dave ist Spengler und ein ausgesprochener Sportfan. Nachdem ich ihn nach seinem Interesse für die Fußball-WM 2010 gefragt habe, meinte er selbiges sei nach der Niederlage gegen die deutsche Mannschaft schlagartig erloschen. Er hat das allerdings so formuliert: "That goddam stupid German bastards! They killed us man!" Aber ich drifte schon wieder gedanklich davon und während ich mich verplaudere, ist die Bahn nicht nur bei der Station Townhall eingetroffen, sondern wir sind bereits in Bondi Junction angekommen.
Um das vorläufige Resümee für den kleinen Teil Sydneys, den ich bisher gesehen habe, noch zum Abschluss zu bringen: Eine schöne und kultivierte Großstadt ist das, die ihre hektischen und rastlosen Seiten und viiiiiele Menschen hat, aber dabei niemals schreiend oder erschlagend wirkt. Die Luft ist dank der Nähe zur See erstaunlich sauber und die Leute sind entspannt, aufgeschlossen, kontaktfreudig und freundlich. Kurz: unbedingt eine Reise wert.
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Bondi Junction ist viel mehr so, wie ich mir Australien eigentlich vorgestellt hatte. Weniger Hochhäuser und kein einziger Schlipsträger weit und breit. Die Straßen sind etwas staubiger und alles in allem ist es weit weniger hektisch, obwohl Bondi Junction immer noch zum Stadtbereich von Sydney gehört.
Um meine urbanen skills weiterhin auf die Probe zu stellen, beschließe ich den Weg zum Beach zu Fuß zu finden und weil ich den Orientierungssinn eines Piloten habe, dessen Flugzeug auf einem Rummelplatz-Karussel festgeschraubt ist, geht das gründlich in die Hose. Die Buslinien verwirren mich aber auch zu sehr. Erst folge ich einem Bus für ein paar Schritte, der Bondi Beach auf seinem Zielschild stehen hat, um erst einmal die richtige Richtung einzuschlagen, da kommt mir nach fünf Minuten ein weiterer Bus, der das selbe auf seinem Zielschild stehen hat entgegen. Also gebe ich nach einiger Zeit den Spaziergang auf und schaue an der nächsten Bushaltestelle, wann wieder ein Bus zum Beach fährt. Der Fahrplan sagt: Gar nicht. Weil ich gute Laune und nicht die geringste Eile habe, laufe ich zum City Rail Bahnhof zurück, denn ich weiß sicher, dass von dort aus Busse Richtung Strand fahren. Und so ist es auch. Nach noch einer kurzen Fahrt erreiche ich Bondi Beach und frage mich jetzt erst recht, wofür dieser Strand so wahnsinnig berühmt geworden ist. Ja sicher, feiner weißer Sand, alles ganz hübsch hier aber sicher nicht der schönste oder größte Strand oder sonst eines Superlativs wert. Halbmondförmig liegt er da, links und rechts von bebauten Hügeln eingefasst und erinnert mich optisch entfernt an Monaco.
Von einem Horn des Halbmondes zum anderen sind es gerade einmal 850 Meter und somit ist auch die Länge nicht der Rede wert. Ich ziehe mir die Schuhe aus und prüfe mal, wie sich das Meerwasser auf der anderen Seite der Welt so anfühlt... Donnerwetter! Das fühlt sich genau wie Wasser an. Sachen gibts...
Von einem Horn des Halbmondes zum anderen sind es gerade einmal 850 Meter und somit ist auch die Länge nicht der Rede wert. Ich ziehe mir die Schuhe aus und prüfe mal, wie sich das Meerwasser auf der anderen Seite der Welt so anfühlt... Donnerwetter! Das fühlt sich genau wie Wasser an. Sachen gibts...
Nach einem Weilchen Meeresrauschen, im Sand sitzen und vor mich hinträumen, wird es mir ein bisschen langweilig. Fein. Das war also Bondi Beach – gut, dass ich den jetzt auch kenne. Als nächstes mache ich das, was ich noch besser kann, als Busfahrpläne lesen und U-Bahnen benutzen: Taxis heranwinken und lasse mich zur City Rail zurück chauffieren. Der Fahrer ist sehr am deutschen Autobahnnetz und an deutschen Autos interessiert. Ein bisschen neidisch auf seine deutschen Kollegen ist er, als ich ihm erzähle, dass die meisten Taxis in Deutschland von Mercedes sind.
Während der Fahrt mit der Bahn zurück zur Townhall entdecke ich eine putzige Sache an der Bahn. Man kann die Rückenlehnen der Sitzbänke von einer Seite der Sitzfläche auf die andere kippen, sodass man an jedem Platz frei wählen kann, ob man in Fahrtrichtung oder andersherum sitzen möchte, bzw. ob man in einer Vierergruppe sitzen will oder, wenn einem die Nase des Gegenübers nicht passt, die Lehne umkippt, um in die andere Richtung zu schauen. Die Fahrgäste machen von dieser Wahlfreiheit eifrig Gebrauch, was besonders bei Aufhebung von Vierergruppen interessant ist: Aha! Madam wollen also andersherum sitzen... Kann mich wohl nicht leiden, wie?!
Wieder zurück in der City ist schon wieder fast der ganze Tag vorbei und ich habe keine Lust mehr auf die Oper. Anscheinend habe ich bei meinem orientierungslosen Marsch in Bondi Junction doch mehr Zeit vertrödelt, als ich angenommen hatte. Aber zum Zeit vertrödeln bin ich ja schließlich auch hergekommen. Weil es aber noch zu früh ist, um schon zum Hotel zurückzugehen, gehe ich ins Kino. Das ist mindestens genauso wichtig wie die U-Bahn. "Inception" ist mir empfohlen worden. Na denn, schauen wir doch mal...
Als Kölner kann man auf dem ganzen Erdball den ÖPNV benutzen.
AntwortenLöschenGefahrlos.
Denn: Wer die KVB überlebt, schafft alles.
Es geht alles.
Alles.
http://www.youtube.com/watch?v=R48uDEQrqMI
Ja, das wollte ich Dir noch sagen, klar gibt es ne U-Bahn in Sydney. Wo sinwer denn? Und das mit dem Daumen nach oben heist auch nicht FU, nur beim Tauchen musste aufpassen, dann heisst es, dass Du auftauchen willst. Ich verfolge Deinen Blog gespannt, noch 2x schlafen...Bianca
AntwortenLöschenEin sehr schön beschriebener Tag. =)
AntwortenLöschenWas wohl der gewöhnliche Australier vom Kölner U-bahn System halten würde?
@Iven: Meine Gastgeber meinen, die Australier würden sich nicht allzu sehr um die Kölner U-Bahn scheren, solange es dort nur Bier gibt...
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